Dienstag, 4. September 2012

Mönchsbüffel reloaded oder by almost fair means

So, wieder mal ins Fernsehen geschafft.
Satte 30min gabs im SF 2 am 21.08.12 zu sehen. Unser "Anführer" Bernhard wurde angefragt, ob er nicht auch mal was richtig Krasses machen könnte. Von vor ziemlich genau 2 Jahren steckten noch die Bohrhaken im Mönchsbüffel und warteten auf eben diese Mission.
Mit 70m Länge, 800m Höhe und 1200m Exposition wäre sie der Landesrekord. Da in einem guten schweizer Beitrag die Hilfsdeutschen nicht fehlen dürfen, wurden Damian, Grischa und ich eingeladen. Auf der Patriotenseite gingen Alexis, Tom und natürlich Bernhard an den Start. Zusätzlich wurden uns Andrea und Alex als Filmteam und Lutz als Bergführer zur Seite gestellt.
Soviel zur Einleitung.

Wer nur den Bericht sehen will (weil man grade nur 27min Zeit hat) für den geht's hier direkt zum Fülm:

Sommer-Challenge vom 21.08.2012


Für alle anderen hier noch ein bisschen Text, das Fernsehen lügt ja natürlich auch wieder ein bisschen (mein Bericht aber auch).

Zustieg
Vom Bahnhof zum Büffel
Wir hatten 4 Tage für dieses Großprojekt angesetzt, die Wetterprognosen verschoben die ganze Aktion nach hinten und die arbeitende Bevölkerung und alle Lublin-Anwärter kamen bereits in Bedrängnis. Wir entschlossen uns deshalb zur Not auch bei Regen zu starten, das Zeitfenster war ohnehin lächerlich klein für unser Vorhaben.
Der Regen stoppte, als wir aus dem Auto stiegen und setzte auch erst wieder ein, als wir fast wieder einstiegen. Soviel schonmal zu dem Thema. Viel wichtiger ist, wo wir zuerst ausstiegen. Der erste Stop war nämlich kurz vor Stechelberg an der Helistation.
Aufgrund der Dreharbeiten und der Zeitknappheit gab es diesmal Luftunterstützung. Eigentlich lehnen wir diese unsportlichen Mittel ab, anders wäre das Unternehmen aber nicht durchführbar gewesen. Wir diskutierten also nicht mehr lange und nutzten den Luxus. Es sei ohnehin besser, wenn der Heli viel Gewicht tragen müsste. Eine Ladung zum Biwak, eine zum Spot. Wir packten also alles aus, was nicht heute noch gebraucht wurde. Und wir packten alles ein, was man schon immer mal mitnehmen wollte.

das lag schon abgepflückt aufm Boden!
Von 3 Bohrmaschinen mit zig Haken, über ne große Flasche Schnaps bis hin zu nem Sitzbrett und um die 500m Statikseil. Der übliche schwere Kram blieb natürlich auch unten und wurde erst am nächsten Morgen schweißfrei zu uns geliefert. Uns wurde gesagt, dass etwa 800kg Material bewegt wurden. (Filmequipment mitsamt Generator is da aber auch mit drin..)
Das Biwi-WC: eines der steilsten Klos dieser Saison
Damit die leichten, halbleeren Rucksäcke nicht so auffallen, stopften wir alles wieder mit Holz voll, um uns den Abend mit nem Feuerchen zu verschönern. 1200 Höhenmeter waren trotzdem kein Zuckerschlecken. Immer wieder mussten wir Passagen doppelt laufen, damit die Kamera es auch ja aus mehreren Perspektiven filmen kann. Immer wieder Pausen, der eigene Rhytmus wird völlig zerstört.
Es dauert mehrere Stunden und einiges an Rumsuchen im Nebel bis wir im Biwi ankommen. Wir machens uns gemütlich, ärgern uns darüber, dass fast jeder dachte er könnte seine Töpfe ja unten lassen und darüber, dass der Schnaps ebenfalls erst morgen früh bei uns ankommen wird. Da hat Faulheit mal wieder den Verstand überlistet.

Alexis gibt sich die volle Exposition.



Zustieg durchs Nichts.
Am nächsten Morgen beginnt also der altbekannte Höllenmarsch (s. letzter Blogeintrag Mönchsbüffel), allerdings hat dieser jeglichen Schrecken verloren. Selbst die gefürchtete "Todesstelle", ein kleiner vertikaler und rutschiger Bach mit wenig Hoffnung auf Überleben, erschreckt uns wenig. Wir müssen lediglich hier und da Konzentration und Trittsicherheit auf ein ausreichendes Niveau anheben. Man lernt also doch was bei dem ganzen Scheiss. Schön.
Der Kameramann ist fit und hält Schritt, unsere Redakteurin wird vom Bergführer hinterher gebracht, wir beginnen schonmal.
Auf der Büffelseite läuft alles relativ reibungslos. Man fürchtet sich vom Sattel runter in die Scharte und schließlich das alte völlig abgewetzte, manteloffene Statikseil nach oben und schon ist man da...
Bei Bernhard und mir auf der Massivseite läuft alles schief. Nach einigem Suchen finden wir den Stand in einem der wenigen Flecken soliden Felsens. Wir seilen ab und richten den nächsten Stand ein, Bergführer und Kameramann begleiten uns. Zu viert beginnt sich das Ganze aber schon deutlich in die Länge zu ziehen. Beim Abseilen in die überhängende Wand findet Bernhard die Bohrhaken nicht mehr, an denen er sich umlenken muss, um nicht zu stark abgedrängt zu werden. Es heisst also neue setzen und hoffen, dass die alten irgendwann auftauchen.
Tom auf der Line.
Ich folge ihm in die steinschlaggefährdete Zone. Zum Glück haben wir Unmengen an Statikseil dabei, sowie 2 ASAPs samt Falldämpfer. Die gute Industriekletterschule schenkt uns also redundante Sicherheit, was das Abseilen deutlich entspannt.
Wir finden keine Bohrhaken, dafür irgenwann unseren Fixpunkt. Leider ist der 10 m links von uns. Hoffnung auf einen mögliche Querung gibt es keine, wir sind einfach am falschen Ort abgeseilt und haben dafür auch noch Stunden verloren. Es wird sogar so spät, dass wir bereits über unseren Rückmarsch zum Biwi nachdenken müssen und es ist noch nichts, GARNICHTS auf unserer Seite aufgebaut.
Wir kommen im Dunkeln "zu Hause" an, die Stimmung könnte um einiges besser sein, genau wie der körperliche Zustand. Um Mitternacht fallen die Augen von alleine zu.

working class
Sechs Uhr morgens zwingen wir sie wieder auf. Bernhard und ich müssen früher los als die anderen, um unseren Fehler von gestern wieder auszubügeln. Das kleine Team kommt zügig voran, das Filmteam nimmt seit gestern lieber den Hubschrauber um von A nach B zu kommen...
Es dauert wieder Stunden den alten Stand abzubauen, den Richtigen zu finden, zusätzliche Haken zu setzen und in die Wand zu seilen. Um genau zu sein sind wir erst nach 4 1/2h am eigentlichen Zielort. Zusätzlich hat der Heli Material in der falschen Scharte abgeladen, welches wir umständlich holen müssen. Außerdem hat Bernhard aus Versehen nur 10er Laschen mitgenommen, wir brauchen aber 12er. Wir schrauben also alles an 12ern ab was wir von früheren Expeditonen finden und ersetzen sie durch neu gesetzte 10er. Materialschlacht's finest.

abseilen in die große Wand
Beim Aufbau läuft auch alles schief. Die Line hat nen Dreher, obwohl sie gerade rübergegeben wurde. Erst ist der Flaschenzug zu lang, dann zu kurz, obwohl alles mit Tape makiert wurde. Die Kräftekrake weigert sich lange Zeit ihre Arme gleich auf die auftretende Last zu verteilen. Das einzige Sitzbrett hat Alex, der Mann mit der Kamera, welcher geduldig 6m neben uns im Freiraum hängt und filmt. Uns sterben die Beine ab, immer wieder müssen wir uns neu positionieren und auf Trittschlingen Blut zurück in den Körper pumpen. Wir erfahren, das morgen am 01.08., also am Nationalfeiertag der Schweiz, Flugverbot herrscht. Wenn das mit den Helikopteraufnahmen also noch klappen soll, dann haben wir nur bis 18Uhr Zeit. D.h. noch ne Stunde.
20min vor der Deadline riggen wir in rasendem Tempo. Da werden schnell noch 2 Haken gebohrt um das BackUp sicher zu gestalten und alles irgendwie safe zu machen. Grischa taped im Akkord, Bernhard leiht sich Schuhe und tatsächlich schaffen wir es pünktlich zum Shooting aus der Luft.

Quatsch.
Sichtlich nervös spult Bernhard sein Programm ab. Eine Begehung unter dem Stress ist unmöglich, aber die Bilder sind atemberaubend. Alexis und Tom, die am nächsten Morgen bereits ins Tal zurück müssen, legen auch noch einen Tanz auf dem 800m hohen Band hin, aber die Line führt.
Quatsch.
Die Schweizer gehn zurück zum Biwi, Filmcrew und Team Deutschland bleibt am Spot. Die gewonnenen 4 Stunden Schlaf kann jeder mehr als gut gebrauchen, es geht eh früh raus am nächsten Tag.

Wir müssen schonwieder (oder immernoch) riggen. Die Spannung passt nicht, das Backup kann man nochmal schön machen, einige von den Haken mit der Hauptlast sitzen lose auf den Bohrhaken, der Schlüssel liegt natürlich noch oben im Sattel...
Es wird schonwieder (oder immernoch) spät. Am Ende bleiben 2 1/2h Zeit zum laufen. Danach müssen wir wieder abbauen, 2h zurück zum Biwak laufen und dann die ganzen 1200m runter zum Parkplatz. Diesmal mit mehr Gepäck, weil der Heli ja nicht fliegen darf und wir morgen in aller Herrgoshsfrühe im Auto nach Lublin sitzen wollen. Dieser verfluchte Druck.

Grischa beim FM
Bernhard ist Erster und bekommt die meiste Zeit, schließlich geht der ganze verdammte Beitrag nur um ihn. Er gibt sich alle Mühe, aber es klappt nicht richtig. Allerdings wird er besser und besser, der Fortschritt lässt den Erfolg erahnen. Nur eine kurze Pause und dann.. tja, keine Zeit für Pausen. Verbal helfen wir mit allen Mitteln und Bernhard schafft schließlich den HM!
Damian versuchts rückwärts
Es war schonmal nicht alles umsonst. Grischa ist dran. Unglaublich stark was er da abzieht. Im 4. Versuch kommt er ins laufen und macht die ersten 5 Schritte, dann die ersten 5 Meter. Schließlich bleibt er erst wieder stehen, als drüben die Wand berührt.
Wir überreden ihn, die andere Richtung ebenfalls zu versuchen. Zu schnell und solide war sein HM, als dass er jetzt aufhören darf. Grisch quält sich zu neuer Motivition. Es funktioniert.
Unbeschreibliche Freude macht sich breit. Bernhard hat es halb geschafft und so die Sendung perfekt gemacht, Grischa setzt die komplette Begehung drauf und perfektioniert die gesamte Aktion. Da spielt es auch nur noch eine untergeordnete Rolle, das weder Damian noch ich eine reelle Chance bekommen.
20 Minuten für diese Line sind für mich leider zu wenig. Doch der Aufwand hat sich gelohnt, die Teamleistung belohnt mich selbst noch für die kommenden Strapazen.

Materialschlacht: wo das her kommt, liegt noch mehr..
Abbau. Das viele Material, welches allein an Fixseilen verlegt wurde, muss hoch in den Sattel, wo der Hubschrauber es morgen abholen kann. Mehrfach müssen wir den extrem ausgesetzten und steilen Auf- und Abstieg zurücklegen um immer wieder volle Haulbags zu transportieren. Jeder Muskel brennt.
Im Anschluss geht's anspruchsvoll zurück zum Biwi, dann steil abwärts. Wir rennen fast, es ist bereits dunkel und ein imposantes Gewitter zieht zu uns rüber. Die ersten schweren Tropfen ersetzen bereits den Schweiß, Stirnlampen die Sonne. Essen und Trinken sind verbraucht.
Ich habe Bernhard noch nie so erschöpft gesehen. Grischa ist am Ende völlig dehydriert, torkelt und lallt, zum Glück erst als der breite Wanderweg wieder anfängt.

Dieser Helikopter fliegt nur wegen uns. Entschuldigung.
Das gigantische Feuerwerk empfängt uns unten im Tal. Es ist schließlich großer Nationalfeiertag. Heute vor äh, Jahren wurde die Schweiz gegründet. Deshalb sind auch soviele Leute unterwegs, das wir Mittwoch nachts in einem fernen Alpental eine Stunde im Stau verbringen, bevor wir uns bei Tom in Bern den Bauch vollschlagen. Ich weiß nicht mehr genau wie, aber wir verbringen noch Stunden lachend und feiernd im Wintergarten. Dann schlafen wir eben morgen im Auto nach Lublin oder stehen doch etwas
später auf...







Die Brüder. (Bernhard, Damian, Alexis, Tom, Helmar, Grischa)
Achso, die Line heisst: "Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern."