unsere Hütte ausm Prospekt, eindeutig, ne? |
Schon im Internet sehen wir oberhalb unserer Hütte einen perfekten Spot, der auch vor Ort immernoch verlockend aussieht. Nur mit den Dimensionen verschätzen wir uns total.
Statt der gedachten 200-300m Höhenmeter, einer Lückenweite von 20m und einer Zustiegszeit von einer Stunde, haben wir uns in jeder Hinsicht um den Faktor 3 bis 3,5 vertan. Ups. Wer kann schon ahnen, dass sich direkt neben dem Meer ein 1300m hoher Berg erhebt?
Mitte Januar |
Grischa mit wehendem Haar |
Kommt auf's Gleiche raus und so beginnt der dritte Aufstieg mit Bohrmaschine, Seilen und Kletterzeug. Über den alpinen Weg vom ersten Tag gelangen wir auf die eine Seite der extrem steilen Scharte. Dort steckt ein alter Schlaghaken, der mit 2 Schlingen gebackupt ist. Von diesem seilt man 60m in die Scharte ab und kann auf die andere Seite laufen.
Wir finden eine extrem gute Linie für die Line. Guter Fels, die Line ist geleveled und man muss vor Ort nicht im Seil hängen sondern kann sich bequem positionieren.
Danach geht's die wieder 1000m Höhenmeter runter.
Wir gehen erstmal wieder ein bisschen klettern und warten auf ein gutes, stabiles Wetterfenster. Schließlich ist es soweit, Sonne satt und 20km/h Wind steht in der Vorhersage.
die Crux kurz vorm Ziel, IIIer Kletterei auf den Grat |
Oben angekommen zerstört uns dann der Wind. Die 20km/h gelten für den Ort Finestrat. Dieser liegt südlich vom Berg, der Wind kommt aber erbarmungslos aus Norden. Das gleiche Phänomen verarscht uns auch regelmäßig oben am Grat. Man muss nur 2m südlich unterhalb des Grates stehen und es herrscht beinahe Windstille, auf der Nordseite kann man kaum stehen und versteht sein eigenes Wort nicht.
Puig Campana. |
Ich habe mich selten so geärgert keine Videokamera zu besitzen. Der kleine (wenn auch sehr starke) Mann da unten in der Scharte hat keine Chance gegen die Gewalt, die der Wind in die schlaffe Line bringt. Grischa macht 5 Schritte vorwärts und wird sofort 3 zurückgerissen. Er wirft sich auf den Boden und wartet bis die Böen nachlassen. Wieder rennt er los, schafft effektiv 2 Schritte und muss erneut in Deckung gehen. Beim nächsten Start hebt die Line Grischa vom Boden und schmeißt ihn zurück, die Line würgt seine Hände und Arme. Die Idee, die Line ums Bein zu wickeln, erweist sich als, naja, man wird halt nur noch hilfloser. Eigentlich liegt Grisch mehr auf dem Boden als das er noch vorwärts kommt. Sein Helm hängt konstant nur noch am Kinnriemen, Atmen fühlt sich an wie bei 130 Kopf ausm Fenster und er müsste, selbst wenn, immer noch mindestens eine Hand frei haben um die Line mit dem Seil verknoten an dessen oberen Ende ich sitze und halb besorgt, halb lachend zusehe.
Ca. 30kg Equipment und Wasser lassen wir für 8 Tage zurück. |
Als er schließlich loslässt schneidet die Line, die er sich mittlerweile um den Körper gewickelt hat,in seine Jacke. Später erzählen uns Kletterer, ihre Expressschlingen hätten waagerecht in der Luft gehangen, so dass sie nicht mehr richtig klippen konnten...
(p.s. Ja wir habens auch kurz mit einem Seil versucht, mit einem besseren, wenn auch ebenfalls nicht akzeptablen Ergebnis)
Abbruch. Wir packen alle Sachen für später in unseren Biwaksack, verstecken das Bündel und ziehen uns geschlagen zurück.
von Osten |
Wir verbringen unsere Zeit mit Sportklettern, dem verlinkten Brückensprung und ein paar sehr sehr geilen Briten im OrangeHouse. Wir haben ne gute Zeit doch etwas nagt und hämmert im Hinterkopf. Wir wissen, dass wir nochmal zurückmüssen. Die Ausmaße der Line (etwas über 60m lang, 80m hoch, 1300m Sicht bis runter aufs Meer und beiden Seiten sind offen) sind durchaus in einem Tag laufbar, aber definitiv an unserem Limit.
Jeden Tag verfolgen wir die Vorhersage. Dauerhaft stabil bleibt es scheinbar nie. Nur an einem Tag, Dienstag, ist es über 7 Tage hinweg schön gemeldet. 100% Sonne, 0 Wind. Der Urlaub nähert sich dem Ende, es ist die letzte Chance und unser Material liegt ja ohnehin noch oben.
von Westen |
Am nächsten Morgen ist es tatsächlich vollkommen ruhig. Wir legen ohne größere Probleme eine Verbindung und starten den Aufbau. Als ich den Flaschenzug ansetze beginnt die Line jedoch wieder ihren Rotor zu starten. Schon beim abtapen der Line mit dem Redudanzseil ist die Line in voller Fahrt. Wer es noch nicht erlebt hat, eine lange Slackline schwingt bei starkem Wind extrem kraftvoll auf und ab. Das Geräusch dabei klingt verblüffend nach Hubschrauber.
Grischa zieht sich über die Line. pic by Kristina Beigang |
Naja, wir räumen das Feld für die Nächsten. Beta wird kommt noch, wobei die Fotos schon recht offensichtlich sind. Gebohrt wurden je 2 12er und ein 10er fürs Backup. Fürs Backup vom Backup stehen genug Büsche, Felsblöcke oder der Normalhakenstand zur Verfügung.
die Crew |
Man braucht mindestens ein 50m Doppelseil um in die Scharte abseilen zu können.
Zugang aus dem Sattel: Links neben dem kleinen Gipfel mit dem Kreuz vorbei, die Rinne bis zum Ende runter, links und dann irgendwie am Grat vorbeimogeln. Viel Glück, wir kommen auch wieder.
Namensvorschlag: "À la Cunt".
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