Montag, 16. August 2010

Das Ende vom Plaisir-Highlinen

Trittsicherheit? Ja!
Schwindelfreiheit? Sollte man bei uns annehmen..!
Alpine Erfahrung..? Wie sich herausstellte deutlich zu wenig...

Es war mein persönlicher Traumtrip für dieses Jahr: die 53er Line am Mönchsbüffel mitten im Berner Oberland. Unglaublich markant thront die Felsformation 1200m über dem Lauterbrunntal. Letztes Jahr wurde die Line von Bernhard Witz, Johannes Olszewski und Roland Schlott eingebohrt, konnte jedoch nicht begangen werden. Der zweite Versuch wurde am 01.August mit einem starken Team gestartet.
Jordan Tybon, Jan Galek, Faith Dickey, Anatolij Maltsev, Christian, Mich Kemeter, selbstverständlich Bernhard Witz und natürlich Grischa und ich waren die Anwärter für dieses Monsterprojekt. Schließlich sollte auch noch eine neue, 70m lange und direkt 700m hohe Highline das Licht der Welt erblicken.
Dafür wurden wir freundlichst von Landcruising unterstützt und Sebastian Flügge, ein Kraftmesser und ein dicker Haufen Aeon samt sonstigem Equipment für die beiden Lines gesellten sich ebenfalls zur Mannschaft.

Soweit die grobe Planung, die Praxis stellte sich dann aber als deutlich schwieriger heraus als erwartet. Anatolij, Grischa und ich kamen durch die Olympiaaktion erst abends am 03.08. im Tal an. Wir waren noch nicht einmal im Ansatz oben, da kamen die ersten schonwieder völlig fertig runter. Mich hatte eine Lebensmittelvergiftung mit allem was dazu gehört, Janek Borrelioseverdacht, Faith war wie der Rest am Rande ihrer Kraftreserven. Wir erfuhren das alle mit den viel zu schweren Rucksäcken erst spät starteten und bei Dunkelheit im Regen und Nebel versuchten zum Biwak zu gelangen. Erst am nächsten Tag erreichten alle das Biwak, der Nebel lies kaum Sicht über 50m zu, die Wegfindung war entsprechend schwierig, die Stimmung mies. Wir hatten mehr Glück und unser Aufstieg war von Sonne begleitet, während die anderen an diesem Tag die 50er Line aufbauten und die ersten Versuche wagten. Dann kam wieder Nebel und Regen und damit ein weiterer verschenkter Biwaktag mitten in Bergen, von denen man in all der Zeit noch nichtmal etwas sehen konnte. Die Nacht brachte Neuschnee, der Wetterbericht allerdings gute Prognosen...
Der Weg zum Mönchsbüffel war die Hölle. Uns drei Neulingen war es trotz zahlreicher Bergfahrten nicht möglich uns in dem weglosen Gelände vernünftig zu bewegen. Zu steil waren die Hänge, zu tief die saugenden Abgründe, zu rutschig erschienen uns die verschneiten Wiesen, Geröllflächen und nassen Felsen. Angst lähmte die Bewegungen und wir benötigten für die Strecke das Doppelte der eigentlichen Zeit.
Am späten Nachmittag sollten wir die Abseilstände und Bohrhaken für die 70er Line setzen. Doch unsere Bewegungen waren immer noch zu unsicher und der Fels zu überhängend um die Wand einfach zu erreichen und so wurde auch dieser Tag zu wenig genutzt. Wir biwakierten direkt am Spot. Die Nacht wurde extrem kalt. Schlafsack, Isomatte, Schuhe und Rucksäcke waren mit einer dünnen Eisschicht überzogen, erholsamer Schlaf sieht anders aus.
Es erscheint fast unwirklich, als uns am nächsten Morgen die Sonne weckt. Allerdings ist es der letzte Tag für Sebastian, welcher zumindest teilweise das Material wieder zurück nach Dresden bringen muss. Die 53er Line wird also abgebaut, noch bevor wir überhaupt einen Fuss darauf gesetzt haben..
Plan B trat ab hier erfolgreich in Kraft. Mich, Faith und Janek waren wieder fit und hatten noch Christian aus Berlin mit hoch gebracht. Mit eigenem Equipment wurde die Line noch am selben Tag bis in die Nacht hinein erneut gespannt. Die Letzten erreichen erst gegen 23Uhr das schützende Biwak, dafür hatte die Line ihre Erstbegehung. Mich hatte nicht lang gefackelt und wieder mal einen unglaublichen OS FM auf das schmale Band gelegt...
Der nächste Tag wurde zum ungeplanten Ruhetag. Keiner hatte mehr Lust oder Kraft. Anatolij, Grischa und ich blieben im Biwak, die anderen schliefen direkt am Spot. Es blieb nur noch wenig Zeit um den Trip irgendwie zu einem Happy End zu führen. Ein letzter Tag entschied über Erfolg oder Misserfolg der Arbeit der letzten 8 Tage.
Und so wurde gekämpft... Die Line war extrem schwer. Die Fixpunkte waren unterschiedlich hoch, es war sehr schwierig sich optisch zu orientieren oder überhaupt einen geeigneten Fleck zu finden an den sich die Augen heften können. Dazu kam die beachtliche Länge und die krasse Exposition. Zahlreiche unglaublich knappe und brutal umkämpfte Versuche folgten und nach und nach konnte sich jeder eine Begehungen sichern. Irgendwann war ich an der Reihe, fest entschlossen das Ding zu laufen. Im ersten Versuch lief ich verdammt sicher bis hinter die Mitte, aber eben nicht bis zum Schluss.. Beflügelt vom Wissen das es geht, war ich im zweiten Go am anderen Fixpunkt und keine 10 Minuten später stand ich wieder auf dem Gipfel des Mönchsbüffels. Das beste Gefühl war definitiv endlich diesen Ort verlassen zu dürfen..
Grischa und Anatolij erarbeiteten sich bis zum späten Abend ebenfalls noch 2 FM. Christian versuchte sich ebenfalls mehrfach an der Line, schaffte allerdings leider nur ein paar Meter. Trotzdem war der Tag unglaublich gut verlaufen, 7 Begehungen sind schon eine beachtliche Leistung.
Wir bauten noch bis in die Nacht ab, brauchten aber noch den nächsten Morgen um alles aufzuräumen. Als wir unsere Rucksäcke packten, kamen plötzlich 2 Basejumper zu uns. Diese Gelegenheit lässt sich kein normaler Mensch entgehen und so brachten wir sie zum Exitpoint und konnten aus 5m Entfernung dabei zuschauen, wie sich 2 Menschen eine 1200m hohe Wand hinunterstürzen. Soviel Adrenalin -bloß vom Zuschauen- hatte noch niemand von uns..
Es folgte ein 6 stündiger Abstieg mit den gewohnten dicken Rucksäcken und burgeressen und biertrinken bei Bernhard.



Ohne große Pause quetschten wir uns am nächsten Vormittag zu 8 ins Auto und fuhren nach Creux du Van. Wir waren gerade dabei die lange Line zu tapen, als ein Ranger auftauchte und meinte, wir sollen abbauen, da wir die Tiere erschrecken würden. Bei einem Ort, der busweise Touristen über sich ergehen lässt und an dem man klettern darf (an dem Hauptfixpunkt kommt direkt eine Tour hoch), kann man über diese Begründung nur milde lächeln. Wir begannen trotzdem damit die kleine Line wieder abzubauen, Faith, Janek und Anatolij liefen solang noch 3 OS FM auf der langen. Das Publikum war begeistert, der Ranger hatte aber wohl ein Problem mit seiner Autorität und rief die Polizei.
Beschleunigter Abbau und 30Minuten später saßen wir wieder im zu kleinen Auto in Richtung Bern...

Nächstes Jahr wird es ein Mönchsbüffel III geben, dann mit der 70er Line und hoffentlich besseren Bedingungen..

Alle Fotos sind von Jordan Tybon, außer dem Basejumpfoto, das ist von Anatolij Maltsev. Vielen Dank dafür! Auf dem ersten Foto sieht man Bernhard auf der Line, Janek läuft auf dem Foto mit dem schwarzen Rand.

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